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Expeditiontagebuch Spitzbergen

Tromsö, Montag 30.05.05

Die Hauptstadt der Arktis hat einiges zu bieten. Wir besuchen das Polarmuseum, die Eismeerkathedrale, das Polaria Aquarium und tollen auf dem Hausberg dem Storsteinen im Neuschnee. Nebenbei wird das Schiff geputzt, die Ausrüstung gecheckt und ergänzt, gebunkert und die Hälfte der Tage, in der die Sonne im Norden steht, durchgefeiert (na ja, Nächte gibt’s hier nun wirklich nicht). Ganz nebenbei ist noch Crewwechsel.
Eine neue Etappe beginnt. Vor uns liegen 565 Seemeilen Nordpolarmeer bis Longyearbyen, der nächsten menschlichen Ansiedlung. Um diese Jahreszeit, Frühlingsbeginn ist hier im Juni, erwartet uns ein Gemisch aus Packeis, kalten und warmen Meeresströmungen, Arctic Lows, die erst in Wetterkarten erscheinen, wenn sie auf eine der wenigen Stationen treffen und als Resultat einem chaotischem Wellensystem. Damit es nicht so langweilig wird, ist das Ganze auf einem Gemisch von Tiefsee und Küstenschelf untergebracht, das ja bekanntlich auch die Biskaya zu einem beliebten Segelrevier macht. Aber Gott sei Dank sieht man von alledem im Nebel (20%) wenig, sodass einen die auf dem Radar unsichtbaren Eisberge nicht weiter erschrecken.
Und der Wind kommt, na, woher wohl ??? Na klar aus Nord! Das soll auch die ganze Woche so bleiben. Dafür haben wir uns prima an die 0 bis 5 Grad Umgebungstemperatur gewöhnt. Selbst beim Frühstück kommt keiner mehr auf die Idee zu heizen, der dünne Pullover reicht. Aber eines ist klar: Wen das alles nicht schreckt, der erlebt ein einmaliges Abenteuer und eine unberührte unbewohnte Welt in der es, schon lange bevor es Menschen gab, nur einen Herrscher gibt – Isbjörn (Eisbär). Und der weiss genau, wer hier Chef und wer Besucher ist.
Wie oft habe ich bei den Vorbereitungen zu diesem Törn gehört: „das wollte ich schon immer mal machen“.
Wir machen.
Die Menschen meiden das Ungewisse, wie sie das Abenteuer lieben. Aber wer nicht ins Ungewisse zieht kann kein Abenteuer erleben. Das „Veranstaltete“ Abenteuer hat da für mich doch eher Showcharakter – ist aber sehr beliebt, da der Ausgang ja mitgebucht wurde und das Ungewisse entfällt.
Der Ausgang unserer Reise lässt sich schwer Planen, keiner weiss was das Packeis und das Meer mit uns machen und es gab schon genug Eisbrecher die im Packeis überwintern mussten.
Wir segeln gut gerüstet ins Ungewisse. Auch wenn am Ende ein Scheitern stehen sollte, ist es doch ein erhebendes Gefühl, dieses Abenteuer gewagt zu haben.

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