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Expeditiontagebuch Spitzbergen

Björnhamna, der 21.06.05

Hinter Amsterdamöya wird die Sicht besser, der Nebel wabert jetzt ca. 20 Meter über dem Meer. Zwischen Felsbänken und Untiefen hindurch laufen wir Posthamna an. Dies war die letzte Station der alten Seefahrer, bevor sie in die Heimat segelten. Hier wurden Briefe für Heimat gesammelt, die von den „Südfahrern“ mitgenommen wurde und die „Nordfahrer“ legten die Post aus der Heimat hier nieder, die bei Gelegenheit abgeholt wurde. Der Hafen war von allen grösseren Fangstationen mit dem Ruderboot erreichbar und lag auf neutralem Boden. Dies war nicht unwichtig , da die ohnehin rivalisierenden Walfänger aus vielen Ländern und Städten kamen. Engländer, Holländer aus acht Städten, Hamburger, Marstaler u.v.a.m.. Teilweise wurden Kriegsschiffe Stationiert und um die ertragsreichen Fanggründe kleinere Seeschlachten ausgefochten. Selbst in dieser Lebensfeindlichen Einöde konnten die Menschen keinen Frieden halten.
Wir Schreiben Postkarten. Zusammen mit einer Nachricht für das nächste Postschiff wir alles in einer Flasche verkorkt. Mit dem Schlauchboot erkunden wir die Bucht. Schmelzwasser wird im Kanister gebunkert, wir besichtigen zwei sehr alte, zerstörte Trapperhütten. Wie bei allen Landgängen sehen wir auch hier Bärenspuren, von Meister Petz selbst ist jedoch nichts zu sehen. Auf dem Damm der Lagune liegen Unmengen von Treibholz und Walknochen. Auf einer Landzunge bei einem Steintürmchen deponieren wir unsere Flaschenpost. Die alte Poststelle ist nicht mehr zu finden, vielleicht wurde sie vom Eis ins Meer geschoben. In harten Wintern wird das Packeis über Uferstreifen und Landzungen gedrückt – die effektivste Planierraupe die man sich vorstellen kann.
Ein Rentier kommt vorbei. In der Lagune beobachtet uns eine Robbe. Vorsichtig nähern wir uns dem Strand. Da ist sie wieder, schaut neugierig was wir da so anstellen. Wir Filmen. Kopf raus, Kopf weg, ein Rundumblick, eine Flosse, weg. Eine halbe Stunde und wir haben genug Material. Wir gehen zum Schlauchboot stossen uns ab. Da ist sie. Direkt neben dem Boot. Wir rudern, wir rufen, werfen ihr eine alte Fischernetzkugel zu, sie spielt damit. Sie scheint sich zu freuen das endlich jemand mit ihr spielt. In dieser Einöde. Nach einer weiteren halben Stunde werfen wir den Aussenborder an und fahren langsam zum Schiff. Die Robbe hinterher. Mir wird klar warum diese lebensfrohen Geschöpfe so gern „gejagt“ werden. Sie kommen heran und wollen nur spielen. Aus fünf Metern Entfernung trifft dann jeder „Heger“.
Wir gehen wieder Anker auf und verholen nochmal zehn Meilen nach Björnhamna, dort ruhen wir uns erst mal aus.
Am nächsten Morgen, oder was immer das für eine Tageszeit sein mag an der wir erwachen, trinken wir nur schnell einen Kaffee bevor wir zur Landzunge am Südende der kleinen Bucht übersetzen. Eine Hütte am Strand, ein paar Fässer als Treibstoffdepot für den Hubschrauber vom Sysselmann( Gouvaneur von Spitzbergen), Ein Fass mit der Aufschrift “ 200l, Vorsicht Treibstoff, feuergefährlich, HEER“ und zweieinhalb alte Ruderboote, vorne gegen das Eis mit Blech beschlagen sind hier zu sehen. Wir steigen auf den namenlosen Berg, der hinter der Hütte liegt. Wie schon so oft finden wir vereinzelte Rentierknochen und Geweihe, Reste einer Eisbärenmahlzeit. Oben geniessen wir die Aussicht über den Smeerenburgsund. Tief unter uns erkennen wir die Stromwirbel im schmalen Fahrwasser, bald kentert der Strom, Zeit zum Abstieg. Nicht ganz ohne Hintergedanken haben wir diesen Berg gewählt. Vom Gipfel bis ans Ufer verläuft eine schöne Schneerinne. Nach dem ersten Versuch in Fair Haven sind wir schon voller Freude auf die Rodelpartie ins Tal. Und ab geht’s! Steil in Schussfahrt mal Füsse, mal Kopf voran geht es im Sausetempo ins Tal. Hintendran immer Sheila, unser Bord-vor-Bären-beschütz-Hund, rutschend, sich in wildem Galopp überschlagend. Es gefällt ihr garnicht nicht die erste zu sein. Unten begutachten wir unsere Spuren. Wozu Überlebensanzüge nicht alles gut sind.

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