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Expeditiontagebuch Spitzbergen

Anreise Sonntag, 01.05.05.

Sonntag? Warum startet man eigentlich am Sonntagabend einen Törn? Die Lösung heißt: Glückstadtwettfahrt! Tordas ist ja nicht nur „Lustyacht“, wie unsere Nachbarn so schön sagen. Neben Ausbildungstörns, Expeditionen und Seminarfahrten ist er auch ab und zu Start- und Zielschiff, z.B. bei der Glückstadtregatta. So bin ich schon seit Freitagnachmittag unterwegs. Von Harburg nach Wedel, am Samstag nach dem Start nach Glückstadt und am Sonntag wieder zurück nach Wedel. Um 18.00 Uhr ist die Regatta zu Ende. Freundschaftlich verabschiede ich mich von der Wettfahrtcrew. Jetzt schnell mit „Seehund“ Sheila eine Runde drehen, sie kam nämlich schon mit mir an Bord, dann ab unter die Dusche. Geschafft! Just in time liegt Tordas klar Schiff und fertig ausgerüstet fürs große Abenteuer in Wedel an der Kai.

Logbuch Elke: „Gegen 20:00 Uhr treffen wir uns im Yachthafen am Schiff. Jetzt ist es so weit. Die Mühen der so kurzen Vorbereitungszeit liegen hinter uns. Haben wir tatsächlich alles vorbereitet und nichts vergessen? Ich komme heute an Bord und begrüße unsere auch gerade angereisten Mitsegler der ersten Etappe von Hamburg nach Trondheim. Wir tragen eine Unmenge Taschen und Proviant aufs Schiff. Unseren Gästen ist die Vorfreude anzusehen. Alle sind ein wenig aufgeregt. Wasser hatte Jogi bereits gebunkert und auch noch Diesel getankt. Nachdem alle eine Koje gefunden und sich eingerichtet haben, legen wir auch sofort mit Hochwasser 22:14 Uhr und ablaufender Tide Richtung Cuxhaven ab. Tonnenzählend fahren wir Elb- abwärts. Es ist bedeckt und daher schnell dunkel geworden. Ab Mitternacht tauchen über Land voraus Wetterleuchten und später erste Blitze auf. Angesagt war Gewitter mit bis zu 8 Windstärken. Um 1:00 ist klar, dass wir uns wasserdicht verpacken müssen. Also Segeljacke, Hose, Gummistiefel.
Am Himmel voraus ein Leuchten, unglaublich. Das Schauspiel ist einfach überwältigend. Wir alle sind nun etwas angespannt. Ich für meinen Teil traue dem Faradayschen Käfig, unserer Stahlketsch, nicht wirklich über den Weg. Aber als nach kräftigem Donnerschlag Hagel und dann Regen runterprasseln, bin ich unter Deck und Jogi und Frank halten mit Brille ausgerüstet draußen tapfer die Stellung. Die volle Ladung bekommen wir denn doch nicht ab. Gut so!

Hinter der Front taucht ein klarer Sternenhimmel auf und die Anspannung fällt bald wieder von uns ab. Es ist schön, in der Nacht zu fahren. Wie vor dem Sturm sind wir nun umgeben von Windstille, fast meditativer Ruhe, abgesehen vom Geräusch unseres Diesels.

Mann, ist das eine Lightshow! Unglaublich! Über Brunsbüttel Elbe Traffic erkundigen wir uns über die Ausdehnung und Zugrichtung der Gewitterwolken. Mit Ihren Radaranlagen entlang der Ufer überblicken die Lotsen in der Verkehrszentrale die Situation. Auch sie sind beeindruckt von der unglaublichen Anzahl von Blitzen. Aufgewachsen im Schwarzwald und am Bodensee bin ich so einiges an Unwetter gewohnt, aber an ein derartiges Blitzlichtgewitter kann ich mich nicht erinnern. Dafür ist die Ausbeute an Wind, Regen und Hagel glücklicherweise sehr mager.
Gute Dienste leisten uns in solchen Fällen die bordeigenen Kunststoffschutzbrillen aus dem Baumarkt. Den Kopf mit Windstopper und Südwester oder Kapuze wie Bankräuber, äh – ich meine wie Piraten vermummt, schützen sie
die Augen vor Wind, Hagel und Regen. Die Sicht ist eine Weile ähnlich gut wie in einem mit schwarzer Watte gefüllten Kühlschrank,aber nach zwei Meilen sind wir durch.

Mit dem letzten Ebbstrom schwappen wir im Morgengrauen nach Cuxhaven rein. Müde und zufrieden gehen wir in die Kojen, wenn in ein paar Stunden der Strom wieder kentert, wollen wir wieder los.

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