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Expeditiontagebuch Spitzbergen

Ny Alesund, der 15.06.05

Vorbei am Prins Karl Forland, dem westlichen Bollwerk Spitzbergens gegen den rauhen Arctic Ocean, segeln wir nach Norden. Der Forlandsund ist noch durch Packeispressungen blockiert. Nach gut 120 Seemeilen mit Winden von 1 bis 6 Bf machen wir in Ny Alesund fest. Ernst, der Hafenmeister, heisst uns willkommen. Nun fragt man sich natürlich warum ein Ort mit ca 60 Einwohnern im Sommer und 25 im Winter, einen eigenen Hafenmeister braucht?
Na, weil letztes Jahr allein 150 Kreuzfahrer mit 28.000 Passagieren in Ny Alesund angelegt haben. Auch wenn ein schlauer Fuchs von ungeheuren Abenteuern erzählt, so ist die Arktis und Antarktis doch fest in Kreuzfahrerhand und an jedem Ort, der in irgendeinem Buch erwähnt wird, legen im Sommer täglich mehrere Kreuzfahrtschiffe an. Sie spucken hunderte von netten älteren Herrschaften aus, die alles Fotografieren und nach mehreren „isn´t it nice“ und „may I take a foto of you with your Gun?“ wieder ins „Zodiac“ gehoben werden und an Bord verschwinden. Die Einwohner, übrigens alles Wissenschaftler, u.a. auch vom Alfred Wegener Institut aus Bremen, berichten das ihnen bisweilen schon Bananen und anderes Obst angeboten wurde, damit „die netten Jungs mal was richtiges zu essen bekommen“. Ich weiss nicht auf wie vielen Fotografien ich als Mischung zwischen Trapper und Walfänger herhalten muss, nur weil ich nicht schnell genug um die nächste Ecke verschwunden bin, das erinnert schon etwas an einen Zoobesuch auf der anderen Seite des Zaunes. Wirklich wundersam ist es natürlich nicht wenn man bedenkt das schon Christiane Ritter (eine Frau erlebt die Polarnacht) vor 70 Jahren zu ihrer Überwinterung mit einem 1400 Passagiere fassenden Kreuzfahrer hierher gekommen ist.
Wir verlassen den Ort in Richtung Kohlenmine um uns die Überreste der nach einer Explosion 1963 stillgelegten Grube anzuschauen. Nicht das in Spitzbergen schon mal irgendeine der zahlreichen Minengesellschaften auf die Idee gekommen wäre etwas ihrer Hinterlassenschaften wegzuräumen. Bisweilen gigantische in der Landschaft verstreute Müll und Schrotthaufen zieren das Umfeld der alten Gruben und gelten als „Kulturdenkmal“. Jedenfalls vermittelt dies hier einen lebhaften Eindruck wie es nach einer Grubenexplosion aussieht. An Folge des Unglücks trat 1963 die Norwegische Regierung zurück.
Wir werfen noch unsere Karten in den „nördlichsten Briefkasten der Welt und legen ab mit Ziel Magdalenenfjord.

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