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Expeditiontagebuch Spitzbergen

Longyearbyen, Montag der 13.06.05

Borebuckta. Eisberg Voraus!!! Ein besonders schönes Exemplar glänzt in unserer Ankerbucht in der Sonne und der muss erst einmal bestiegen werden. Mit Steigeisen bewehrtem Überlebensanzug geht’s los zur Fotosession.
Später am abend wird dieses Ereignis bei Pink Floyd, Bier, Wein, Apfelkorn und zum Abschluss ein paar kleinen Whiskey bei einer Bordparty gefeiert. Die Folge sind starke Seekrankheit und Malariaanfälle bei grossen teilen der Crew.
Das muss am Apfelkorn gelegen haben, das Zeug konnte ich noch nie ab!
Den 10 Juni streichen wir daraufhin ganz aus dem Gedächtnis und segeln am Samstag bei leichtem SW weiter.
Longyearbyen ist sozusagen die Hauptstadt von Spitzbergen. Hier sitzt der Sysselmannen (Gouverneur), die winzige Universität, Es gibt ein paar Geschäfte und Hotels, dazu alle Einrichtungen die man zum täglichen leben braucht. Am leben erhalten wird die Stadt (ca. 1650 Einwohner, im Winter weniger) durch den Kohleabbau, der in Verschiedenen Gruben auf Spitzbergen betrieben wird und zunehmend durch Wissenschaft und Tourismus.
Nachdem wir mit einmal festfahren einen Ankerplatz am steil abfallenden Ufer auf 17 Metern gefunden haben, machen wir erst mal einen Rundgang mit anschliessendem Einkauf. Unser Proviant lässt zwar wenig zu wünschen übrig, aber Milch und Salat sind trotz arktischen Temperaturen nur begrenzt haltbar. Es erinnert etwas an einen Western in einem Ort zu sein in den fast jeder mit einer Waffe rumläuft und vor der Bank eine Tafel steht auf der gebeten wird, um Missverständnisse zu vermeiden, nicht mit dem Colt an den Schalter zu gehen.
Nach einem ausgedehnten Mittagsschläfchen bis halb zwei, versuchen wir noch ein Feierabendbier einzunehmen, aber um zwei ist hier Sperrstunde und somit können wir zwar noch einen Blick auf die unglaubliche Spirituosensammlung des gemütlichen Kaffee Busen werfen (allein ungefähr hundert Single Malts stehen im Regal), zu trinken bekommen wir nix mehr. Schade! Beim vorbeigehen werfen wir noch einen Blick in die Uni, wo anscheinend noch gefeiert wird. Ein Herr in Anzug und Krawatte, offensichtlich ein Wissenschaftler oder Dozent, empfängt uns mit einem freundlichen „Fuck off, get away“. Wir beschliessen daraufhin den Abschiedswiskey für Jan an Bord einzunehmen. Sein Flugzeug startet um acht Uhr morgens. Es ist das erste mal, dass wir jemand mit dem Schlauchboot zur Startbahn bringen. Dabei haben wir ein mulmiges Gefühl, weil wir im Eifer des Gefechts unsere Flinten zum Eisbären verjagen vergessen haben. Folgerichtig wird am Flugplatz nochmal mit grossen Schildern davor gewarnt, ausserdem stehen überall die berühmten Eisbärenwarnschider an der Strasse.
Nachdem wir, wieder erwarten, heil an Bord angekommen sind, legen wir uns erst mal „ne Stunde“ in die Kojen. Fünf Stunden später ist nochmal Sightseeing angesagt, das Spitzbergenmuseum und verschiedene Sehenwürdigkeiten locken. Unter anderem erstehen wir Souvenirs für die Daheimgebliebenen. Der Rückweg zum Schiff wird gerudert. Nein nicht um was für die Figur zu tun, wir haben heute mittag auf dem Weg zum Strand mit dem Aussenborder einen (oder viele???) Stein erwischt. Ein Flügel des Propellers ist ein Stück abgebrochen, die anderen Zwei verbogen. Mit Schraubstock, Zirkel, Säge und Feile werden alle wieder auf gleiches Mass gebracht. Jetzt hat er einen Zoll weniger Durchmesser. aber bei der Probefahrt lassen sich keine nennenswerten Leistungseinbussen an dem übermotorisierten Boot erkennen. Den Abend verbringen wir gemütlich an Bord.
Montag Morgen. Zuerst zum Hafenmeister, dann zum Sysselmann um unsere Reiseerlaubnis abzuholen. Jeder der sich auf Svalbard ausserhalb der Siedlungen, sowie in den Naturreservaten und Nationalparks aufhalten will muss vorher eine Genehmigung beim Sysselmann beantragen die an viele, teilweise sehr aufwendige Auflagen gebunden ist. Da wir sozusagen eine Generalgenehmigung für ganz Svalbard haben, also überall hindürfen, haben wir nicht nur die scharfen Sicherheitbestimmungen zu erfüllen und geforderten Erfahrungsnachweise zu erbringen, sondern auch teure Versicherungen abzuschliessen. Geht doch mal zu einer Versicherung und versucht euch gegen „alle Risiken die mit einer Spitzbergenreise verbunden sind“ ohne Kleingedrucktes und „Ausschlüsse“ sowie „zu Wasser wie an Land“ zu versichern. Die versichern eher ein Osterfeuer gegen Brand!
Nach den Formalitäten wird noch mal eingekauft. Jetzt sind wir bereits auf dem Weg nach Ny Alesund, der nördlichsten Dauersiedlung der Welt.

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