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05.07.17 L’Aber Wrac’h – Lampaul, Ile d´Ouessant

Nach Westen gehts immer mit der einsetzenden Ebbe….so auch heute. Die Sonne scheint und bummelige 4-5 aus NNW bereiten uns einen super Segeltag. Gleich nach dem Hafen setzen wir die Segel und ab gehts.

Am Ende des Festlandes steht der Phare du Chenal du Four. Es ist der erste der von Postkarten mit spektakulären Bildern bekannten und berühmten Leuchtürme der Bretagne, dem wir begegnen. Er markiert auch das Ende des Ärmelkanals und den Beginn des „Iroise“ genannten Seegebietes. Wenn hier die Winterstürme den Atlantik an Land treiben wird der Begriff „Naturgewalten“ eindrücklich visualisiert. Natürlich haben wir unsere Navigation darauf abgestimmt nicht in den Chenal du Four, – der Gezeitenstrom setzt hier mit bis zu 9 Knoten -, gezogen zu werden und gut an den Races (eine Art im Meer bei starker Strömung entstehender „Stromschnellen“) , Eddies (Stromwirbel in die man nich hineingezogen werden sollte) und Overfalls (brechende See verursacht durch starken Strom ) vorbeizukommen. An der Einfahrt zum Chenal du Four beschließen wir aufgrund der Wetterlage die südwestliche Ankerbucht am Hauptort der Ile d´Ouessant anzulaufen und die Insel nördlich zu passieren. Beeindruckt segeln wir an hohen Felsenklippen, dem Phare du Stiff und vorgelagerten Inselchen und Felsen vorbei. Auch „Arches“,  (Felsbrücken über vom Meer in die Felsen gebrochenen Tunneln) sind zu erkennen. Uns ist sofort klar, diese Küste muss in den nächsten Tagen erkundet werden.

Hoch über die Insel erhebt sich jetzt südlich von uns der Phare de Creac´h. Hier können wir nach Südwest abfallen. Nividic, den nächsten im Meer stehenden Leuchtturm, umrunden wir mit einer Halse und segeln in die große Ankerbucht. Die Maschine wird angeworfen und die Segel geborgen. Dicht unter der Ortschaft Lampaul liegen einige „Corp Morts“, wie die Mooringbojen zum Festmachen hier heißen. Wir legen uns an die Erste.

Während die anderen das Abendessen zubereiten, führen wir die Hunde aus. Schlauchboot wassern, Maja, Rusty, Elke, Benno und Jogi und Bord und ab gehts. An Land schauen wir als Erstes mal zum „Hafen“, einem kleinen hinter hohen Mauern verborgenem Becken, was bei guten 6 Metern Tidenhub völlig trocken fällt und Platz für kleinere offene Boote bietet. Bei der alten Rettungsboot Station treffen wir eine Art weißen Bernhardiner (Landseer heisst die Rasse vermutlich) mit seinem winzigen Begleiter und ein älteres französisches Paar. Wir erfahren wo Bäcker, Laden, Duschen und Toiletten sind, das unsere Mooring 13 mm Kette und zweieinhalb Tonnen Grundgewicht hat, – sehr Vertrauen erweckend, und Manches mehr. Die Beiden wohnen im Sommer auch auf Ihrem Boot, welches auf halben Weg zu Tordas an der Mooring liegt und betreiben die wohl in jedem Hafen obligatorische örtliche Segelschule. Eine Reihe von Katamaranen liegt auch gleich nebenan. Wir schauen uns noch etwas in der Gegend um, die Insel ist uns auf Anhieb sympathisch. Der Blick über die Bucht beruhigt, zerklüftete Felswände schützen Tordas von drei Seiten und mitten in der Ausfahrt liegt eine hohe Felseninsel wie ein Wächter. Hier werden wir die nächsten Tage sicher liegen. Aus Südwest ist kein Starkwind zu erwarten. Zurück an Bord genießen wir das Essen und lassen uns von der träge im langen Atem des Atlantik bewegenden Tordas in den Schlaf wiegen.

Heute morgen herrscht geschäftiges Treiben an Bord. Jeder packt seine sieben Sachen für den Tag auf der Insel. Das Beiboot wird an der alten Fährbrücke Tidensicher befestigt. Der Fährverkehr wurde schon vor längerer Zeit eingestellt. Vergisst man, die Tide zu berücksichtigen, liegt das Schlauchboot eventuell bei Niedrigwasser auf den Felsen oder hängt am Festmacher wie aufgehängt….beides nicht wirklich gut…..und was auch nicht gut ist, ist wenn das Boot bei Hochwasser unter die Betonbrücke gequetscht und unter Wasser gedrückt wird. Wir finden aber ein sicheres Plätzchen und machen uns mit den Einrädern auf den Weg zum Fahrradverleih, wo die anderen grade ihre Räder aussuchen. Wir fahren schon mal vor, Rusty hat überhaupt keine Lust auf der heißen Strasse zu laufen und so geht es entsprechend langsam die zwei Kilometer zum Phare du Creac´h. Dort besuchen wir das Leuchtturmmuseum – nein, es sind keine alten Leuchttürme ausgestellt. Aber, sehr imposant, viele alte ausgemusterte fresnelsche Linsensysteme von Leuchttürmen. Teilweise erreichen sie eine Höhe von bis zu drei Metern. Geschichten, Berichte, Wissenswertes und Filme aus alten und neuen Zeiten, Modelle und Bauskizzen bestaunen wir. Ein tolles Museum, gleichwertig mit dem in Fraserburgh, Schottland. Wir sind beeindruckt. Die Hunde parken solange draußen im Schatten. Freudig werden wir wieder empfangen. Direkt beim Leuchtturm beginnt ein bizarrer Felsengarten, diesmal nicht nur im Meer, sondern auch an Land. Elke, Benno und ich klettern und die Küste entlang während die Hunde im Felsenlabyrinth rumtollen.  Rusty ist bester Laune und im frischen Wind voll in seinem Element. Nach zwei Stunden suchen wir uns eine geschützte Stelle zwischen den Felsen und gehen alle in dem glasklaren Wasser baden. Von oben sieht es aus, als würde Maja in der Luft laufen, so klar ist das Meer. Das Wasser hat ca. 16 Grad aber die Felsen sind von der Sonne aufgewärmt wie eine Ofenbank. Wir relaxen noch etwas in unserer Wellnessoase und folgen dann weiter der Küste bis zur Île de Keller, einem Eiland in einer Bucht an der Nordküste von Ouessant. Mehr schaffen wir heute nicht. Den Rest der Nordküste wollen wir morgen erobern. Durch die fantastisch nach Honig duftende Heidelandschaft fahren wir zurück nach Lampaul, schnurstracks  zur nächsten Bar und kommen grade rechtzeitig zur „Bierzeit“ an ;). Das erste verdunstet sozusagen auf der Zunge und voller Elan bestellt Elke eine zweite Runde, die uns dann fast ausknockt. Halleluliah, der Weg zum Boot wäre auf gradem Weg sicher nur halb so lang….aber wir schaffen es! Gut, dass die Hunde den Weg kennen!

Der ganzen Crew gefällt die Insel so gut, das wir noch einen Tag bleiben. Also „same procedure than yesterday“. Heute fahren wir zuerst zum Phare du Stiff, dem nördlichsten Leuchturm der auch an Land steht. Hier besichtigen wir eine kleine Ausstellung und den Leuchtturm. Nur ganz hoch zum Feuer dürfen wir nicht, denn das ist noch in Betrieb. Aber auch von der Galerie aus haben wir einen tollen Blick über die ganze Insel. bei schönstem Sonnenschein sehen wir wie, kaum merkbar, das Meer bald nach dem Ufer von Dunst verschlungen wird. Das kalte tiefe Wasser des Atlantik welches von den Gezeitenströmen an die Oberfläche gedrückt wird, lässt die Luft über dem Meer kondensieren. Die Szene erinnert an den Horrorstreifen „The Fog – Nebel des Grauens“ (Elke: naja, die Sonne strahlt mit mir um die Wette. Es sieht malerisch aus!) . Nicht nur Stürme haben die unzähligen Wracks um diese Insel auf dem Gewissen, sicher vielen auch viele Nebel und Flaute zum Opfer. Waren die alten Segler erst mal im Einfluss der Gezeitenströme, gab es ohne Wind und gute Sicht vor den Felsen kein Entrinnen mehr. Ankern war in den starken Strömen und dem tiefen Wasser vor der Küste nur an sehr wenigen Stellen möglich.

Vom Leuchtturm aus folgen wir mit den Einrädern den Küstenpfaden direkt an den Klippen. Heute finden wir auch die „Arches“ die wir vom Schiff aus sehen konnten. Die Felsen sind aber zu steil, wir kommen nicht nach unten. Dorthin, wo die See die Höhlen so lange in die Felszungen gehämmert hat, bis sie auf der anderen Seite wieder ins Freie kam.  Schließlich wollen wir auch heute wieder unser Bad im Meer nehmen. Wir suchen uns eine schöne Stelle und – sieh an ganz unten in unserer kleinen Bucht taucht auf der linken Seite ein kleiner Arch auf 🙂 Was für ein Glück! wir ziehen uns aus und schwimmen der Reihe nach durch unseren Arch. Auf unserer Seite ruhig, pumpt das Meer auf der anderen Seite ordentlich Schwell durch die Schmale tiefe Öffnung. Viel und kalt, verdammt kalt. Das Wasser aus der Tiefe ist sicher fünf Grad kälter als ein paar Meter weiter in der Bucht und raubt uns fast den Atem. Trotzdem klasse, wer ist denn schon mal durch einen Arch geschwommen? Für uns war es das erste Mal. Mit dem Schlauchboot haben wir in Schottland schon mal einen durchfahren, aber geschwommen noch nie.

Auf dem Rückweg fahren wir noch lange durch riesige Mannshohe Farnflächen. Als wir wieder auf einem Teerweg gelandet sind streikt Rusty. Es war auch ein langer und weiter Marsch für den mittlerweile 13 jährigen Terrier. Nach einer kleinen Pause schnappe ich ihn mir und springe aufs Rad: los gehts. Er macht es sich gleich auf meinem rechten Arm bequem. Die Pfoten hängen rechts und links runter. Ich fahre so schnell ich kann, denn ich will so viel Strecke wie möglich zurücklegen bevor mir der Arm schlapp wird. Auch wenn es nur rund 10 Kg Hund sind….auf die Dauer werden die am ausgestreckten Unterarm ganz schön schwer. Nach knapp drei Kilometern ist es so weit, der Arm fällt fast ab. Vor dem Lebensmittelladen in der Inselmitte fallen wir vom Rad. Elke und Benno haben wir abgehängt, aber sie lassen nicht lange auf sich warten. Ich besorge erstmal Eis für alle. Eine Packung mit sechs Cornett. Das Eis für uns, Waffeln für die Hunde. Als ich mir danach Rusty wieder schnappe ist er weitaus weniger begeistert als vorher, anscheinend tun die Füsse nicht mehr weh. Ich fahre also, mit einem wild seinen Unmut über diese Art von Transport ausdrückenden Terrier, vor mich haltend auf dem Einrad über die Insel…leider kann ich die Gesichter der entgegenkommenden nicht auf Bild festhalten…es waren einige sehenswerte dabei 🙂 🙂 🙂 Bald eilt Elke zu Hilfe, überholt mich und beschwichtigt den kleinen Terrorier. Es ist auch nicht mehr weit zur Bar. Wie durch ein Wunder kommen wir wieder genau pünktlich zur „Bierzeit“ an, heute bleibt es aber bei Einem.

Heute bleibt die Küche kalt, wir gehen alle zusammen in eine Creperie. Dort bestellt Jules als erstes einen „Grande Cafe ou Lait“, der Rest ist Legende und wird hier nicht verraten. „Grande Caffe fini“ 😉